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Pilatus:

Henker wider Willen?



Betrachtungen eines Staatsanwalts



von Hubert Kepper
 
AUSZUG AUS DEM
INHALT:


"...

GERECHTIGKEIT AUS MENSCHENHAND

Rückblick eines Staatsanwalts

Leser dieser Betrachtungen werden recht unterschiedliche Vorstel-
lungen von Juristen haben, die in der Strafverfolgung tätig sind. Die
meisten von Ihnen haben erfreulicherweise keine persönlichen Erfah-
rungen mit der Strafjustiz gemacht. Ihr Wissen haben sie aus der
Literatur und in jüngerer Zeit vor allem aus Film- und Fernseh-
aufführungen.
Ich, der Verfasser, (Jahrgang 1922), übte den Beruf eines Staats-
anwalts länger als 35 Jahre in den unterschiedlichsten Aufgaben-
gebieten aus, zuletzt als Abteilungsleiter bei einer Generalstaats-
anwaltschaft als Leitender Oberstaatsanwalt.
In meiner beruflichen Tätigkeit wurde ich konfrontiert mit ganz ge-
wöhnlicher Kriminalität wie Diebstahl, Raub, Betrug, Tierquälerei,
Mord, Totschlag, Kinderschändung, mit Falschmünzerei, Vergewalti-
gungen, Beleidigungen, Verkehrsdelikten und anderen îalltäglichenî
Straftaten sowie mit Ordnungswidrigkeiten. Dazu kamen in meiner
Anfangszeit auch "läppischeî Delikte wie Bettelei und Landstreiche-
rei, die heute nicht mehr strafbar sind.

Während einer langen Zeitspanne hatte ich politische Straftaten zu
verfolgen, unter anderem Verfahren wegen des Vorwurfs der Fort-
führung der durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.
August 1956 verbotenen Kommunistischen Partei Deutschlands
(KPD). Beschuldigte in diesen Verfahren waren auch Personen, die
lange Jahre während der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkür-
herrschaft in Konzentrationslagern von den Nazis eingesperrt ge-
wesen waren und dort gelitten hatten.
Später war ich jahrelang mit der Verfolgung nationalsozialistischer
Verbrechen befasst. In den letzten Jahren meiner Tätigkeit hatte ich
unter anderem Dienstaufsichts- und Disziplinar- und Verwaltungs-
sachen zu bearbeiten.
Oft handelte es sich dabei neben schweren Verstößen gegen die
Pflichten eines Beamten um unbedeutende und belanglose Vorwürfe.
Beispielsweise um die Weigerung eines Staatsanwalts - wegen an-
geblicher Überlastung - zwei Referendare zur gleichen Zeit auszu-
bilden.
Mühselige Entfaltung der Geistestätigkeit von mehr als zehn Kollegen
war gefordert, die Ñkontrollierte Durchfuhrî von Rauschgifttrans-
porten zu prüfen; dabei handelte es sich darum, die (sofortige)
Strafverfolgung (Legalitätsprinzip) zurückzustellen mit dem Ziel,
statt der Ñkleinen Fischeî (Transporteure), die "großen Hintermännerî
fassen zu können. Auch andere, so genannte Verwaltungssachen, wa-
ren zu erledigen, Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben zu veran-
lassen, zu prüfen, und an das Justizministerium weiterzuleiten, wo-
bei nur selten solcher Tätigkeit Erfolg beschieden war.
Die Fülle des Zeitgeschehens erlebte ich während meiner Berufszeit
in seiner ganzen Vielfältigkeit, wobei es wichtig war, sich von der
jeweiligen Strömung nicht verwirren zu lassen und über den Teller-
rand des juristischen Alltags hinauszublicken.
Mit den unterschiedlichsten Menschen, jungen und alten, geistrei-
chen und einfältigen, intelligenten und landläufig dummen hatte ich
es zu tun. Von den Beschuldigten waren manche bösartig, sadistisch-
grausam und gemeingefährlich. Viele hatten geistige Defekte.
Zahlreiche Beschuldigte kamen aus ärmlichen Verhältnissen, und es
gab aber auch nicht wenige aus wohlhabenden und angesehenen
Familien. Manche machten den Eindruck, ernsthaft religiös zu sein.
Andere bezeichneten sich stolz als Atheisten. Den unterschiedlichen
Beschuldigten entsprach die vielfältige Palette der zu untersuchen-
den Straftaten.
An einzelne Verbrechen vermag ich nur mit Schaudern zu denken.
Ich war gezwungen wie es so hieß - mir eine "dicke Hautî zuzule-
gen. Ich sehe davon ab, hier die ungeheuerlichen, unvorstellbaren
Massentötungen in Vernichtungslagern darzulegen.
Einige Gewaltverbrechen will ich aber doch, um die ganze Breite
meiner Tätigkeit sichtbar zu machen, erwähnen.
In Erinnerung geblieben ist mir das Zu-Tode-Schinden gefangener
englischer Fallschirmagenten im September 1944 im Konzentrations-
lager Mauthausen. Siebenundvierzig Männer wurden im dortigen
Steinbruch innerhalb zweier Tage ums Leben gebracht. Wohl alle
Täter waren als Kinder christlich getauft worden.
Aus vermeintlichem Pflichtbewusstsein und wegen eines Forschungs-
auftrags gaben sich auch ÑGebildeteì zu grausamen Handlungen an
Wehrlosen her. Ich denke an das Schicksal dreier zum Tode verur-
teilter Verbrecher im Konzentrationslager Sachsenhausen. An ihnen
wurde im September 1944 die Wirkung nachgebauter Giftmunition
die Originalmunition war an der Ostfront erbeutet worden - erprobt.
Die drei Häftlinge wurden durch eine leichte Schussverletzung mit
vergifteten Geschossen ins Gesäß verwundet. Die Opfer quälten sich
unter den Augen der anwesenden "Wissenschaftlerî über zwei lan-
ge Stunden zu Tode.
Im Gedächtnis sind mir auch manche Einzeltäter und ihre strafbaren
Handlungen geblieben: Ein Sadist hatte zur Befriedigung seines abar-
tigen Geschlechtstriebs Jungen, die als Anhalter zu ihm ins Auto ge-
stiegen waren, mit seinem scharf abgerichteten Schäferhund bedroht
und sie unbarmherzig durch Brandverletzungen gequält. Derselbe
Mann zeigte eine innige Liebe zu seiner Mutter ("meine liebe
Mamaî). Er hatte es auch verstanden, als sympathischer Schwätzer
mehr als zwanzig clevere Geschäftsleute einzuwickeln und ohne je-
de Gegenleistung um erhebliche Geldbeträge zu prellen.
Mitunter hatte ich aber auch weniger schwerwiegende Straftaten zu
verfolgen. Das Zusammentreffen mit dreisten oder einfältig harm-
losen und auch kuriosen Personen blieb mir manches Mal nicht er-
spart: Auf einem Ball begrüßte mich in festlicher Kleidung, beinahe
freundschaftlich und fast vertraulich, ein älterer - seriös auftretender
- Arzt, der mir am Vormittag als Angeklagter gegenübergestanden
hatte wegen des Vorwurfs, eine schwangere Frau zu einer
"Engelmacherinî vermittelt zu haben. Der Arzt war an diesem Tage
bestraft worden.
Eines Tages suchte mich eine besorgte Mutter in meinem Dienst-
zimmer auf und bat um Verständnis für ihren îlieben Jungenî, der
die "lästigeî Großmutter mit vorgehaltener Pistole hatte zwingen
wollen, in ein mit Rattengift beschmiertes Butterbrot zu beißen.
Schließlich denke ich an die völlig unsinnige, ohne jede "Erfolgs-
aussichtî begangene Tat eines Jugendlichen - noch während der eng-
lischen Besatzungszeit - , der mit Leidenschaft "Landserhefteî ver-
schlungen hatte. Er "stürmteî mit scharfgeladenem Karabiner be-
waffnet und mit einer Gasmaske angetan, eine britische Wachstube
und schoss zwei völlig überraschte englische Soldaten an.
In diesem Falle und in nicht wenigen anderen Verfahren beauftrag-
te ich hilfesuchend medizinische Sachverständige mit der Prüfung
der Verantwortlichkeit der Beschuldigten. Meistens waren die
Sachverständigen hilfreich.

DerVolksgerichtshof
Als ich meinen Beruf anfing, war es noch üblich, im Gerichtssaal ein
Barett zu tragen. Als "Beamter auf Widerrufî, der noch nicht sicher
war, ob er in den Staatsdienst übernommen würde, stellte ich den
Kauf einer nach dem Zweiten Weltkrieg doch recht sonderbar an-
mutenden Kopfbedeckung zunächst zurück. Ein älterer und erfahre-
ner Kollege lieh mir sein Barett für den Sitzungsdienst.
Was war unter diesem Barett schon alles gedacht worden? Der
Kollege hatte mit dieser Kopfbedeckung angetan unter anderem auch
vor dem Volksgerichtshof in Berlin plädiert.
Beim Volksgerichtshof (1934 bis 1945) gab es sicher auch hochin-
telligente und hervorragend qualifizierte Juristen. Waren das nüch-
tern und scharf denkende nur dem Recht verpflichtete Männer? (Es
findet sich kein Hinweis, dass auch Frauen darunter gewesen wären.)
Waren die Mitglieder des Volksgerichtshofes "nurî Diener des Staates,
die einen "hartenî Beruf ausübten und "ihre Pflicht für das Ganzeî
taten? Oder sahen sie ihre Tätigkeit nur als "Broterwerbî und als
Stufenleiter zum Aufstieg an?
In den Jahren 1940 bis 1944 standen 12.500 Menschen vor den
Schranken dieses Gerichtshofs, von denen mehr als 5.000 zum Tode
verurteilt und hingerichtet wurden. Von den 12.500 Verfolgten wur-
den lediglich 900 freigesprochen; in den übrigen Fällen wurde auf
Freiheitsstrafen erkannt.1
Waren die Angehörigen des Volksgerichtshofs "Henker wider Willenî?
Was war beispielsweise Dr. Roland Freisler (geboren 1893, gestor-
ben am 3. Februar 1945 bei einem Luftangriff auf Berlin) für ein
Mann? Was war er für ein Richter?
Über ihn2 heißt es, er sei ein zum Nationalsozialismus "bekehrterî
Kommunist gewesen. Von 1942 bis 1945 war er Präsident des
Volksgerichtshofes und Vorsitzender des Ersten Senats. Er hatte sich
in einem devoten Brief für die Ernennung bedankt. Am 15. Oktober
1942 schrieb er an Adolf Hitler:3
"... ich bin stolz, Ihnen, mein Führer, dem obersten Gerichtsherrn
und Richter des deutschen Volkes für die Rechtsprechung ihres höch-
sten politischen Gerichts verantwortlich zu sein... Der Volksgerichts-
hof wird sich stets bemühen so zu urteilen, wie er glaubt, dass Sie,
mein Führer den Fall selbst beurteilen würden.î
Freisler schließt mit: îHeil meinem Führer! In Treue, Ihr politischer
Soldat Roland Freisler.î

Und was war der damalige Reichsminister der Justiz Dr. Otto Georg
Thierak (geboren 1889; gestorben durch Selbstmord im Oktober 1946
- von 1936 bis 1942 Präsident des Volksgerichtshofs; von 1942 bis
1945 Reichsminister der Justiz -) für ein Mann? Er war sicherlich
ein - wie es im einschlägigen Sprachgebrauch auch heute noch for-
muliert wird - "hoch-qualifizierterî Jurist und ein überzeugter Natio-
nalsozialist. Was veranlasste ihn zu einem fernschriftlichen "Sitzungs-
berichtî4über seinen Nachfolger als Präsident des Volksgerichtshofes,
den kalten Freisler, an den "Sekretärî Hitlers, den Reichsleiter
Bormann, im Führerhauptquartier am 9. September 1944?


Das Fernschreiben lautete:
"Sehr geehrter Herr Reichsleiter!
... die Verhandlungsführung des Vorsitzers (Freisler) war bei
den Angeklagten Wirmer und Goerdeler unbedenklich und
sachlich, bei Lejeune-Jung etwas nervös. Leuschner und von
Hassell ließ er nicht ausreden. Er überschrie sie wiederholt.
Das machte einen recht schlechten Eindruck, zumal der
Präsident etwa 300 Personen das Zuhören gestattet hatte. Es
wird noch zu prüfen sein, welche Personen Eintrittskarten er-
halten haben. Ein solches Verfahren in einer solchen Sitzung
ist sehr bedenklich. Die politische Führung der Verhandlung
war sonst nicht zu beanstanden. Leider redete er aber Leusch-
ner als Viertelportion und Goerdeler als halbe Portion an und
sprach von den Angeklagten als Würstchen. Darunter litt der
Ernst dieser gewichtigen Versammlung erheblich. Wiederholte
längere, nur auf Propagandawirkung abzielende Reden des
Vorsitzers wirkten in diesem Kreise abstoßend. Auch hierun-
ter litt der Ernst und die Würde des Gerichts. Es fehlt dem
Präsidenten völlig an eiskalter, überlegener Zurückhaltung,
die in solchem Prozess allein geboten ist...
Heil Hitler! Ihr gez. Dr. Thierackî. ZITAT ENDE

Nochmals sei die Frage gestellt, was für Leute waren die an diesen
Verfahren beteiligten - wie es heißt - "hochqualifiziertenî Juristen?
Wie konnten so zahlreiche Todesurteile gefällt werden? Konnten die Richter noch ruhig schlafen, waren sie Karrieristen, Ehrgeizlinge, die aufsteigen wollten?
Wie besessen waren sie vom Standesdünkel
und von der Gloriole ihrer Unfehlbarkeit?
Wollten sie der Erwartung
entsprechen, die sie von der Führung erahnten? Die Vokabel vom "vorauseilenden Gehorsamî war damals noch nicht ausformuliert.
Fragen wir grundsätzlich: Gab es vielleicht in der menschlichen
Geschichte schon immer Strafverfolger ähnlichen Charakters?
... (...)




AUSZUG AUS DEM BUCH:

Hubert Kepper
PILATUS
Henker wider Willen?
Betrachtungen eines Staatsanwalts



 
Abbildung:
Der Autor des Buches
Lt. Oberstaadsanwalt a.D.
Hubert Kepper

Der Verfasser
des Buches war früher beruflich
als Leitender Oberstaatsanwalt
bei der Generalstaatsanwaltschaft
in Düsseldorf (NRW) tätig.


Betrachtungen eines Staatsanwalts.
In diesen Buch sind die beruflichen Erfahrungen
eines Lebens als Staatsanwalt eingeflossen.



 
 
"...Zu allen Zeiten waren Rechtsfindung, Rechtsprechung und Strafverfolgung von vielschichtigen Motiven und vielfältigen Umständen
geprägt. Deutlich wird das in besonderer Weise am Beispiel des Pilatus. Das zu zeigen und an letzte Fragestellungen und Dimensionen
heranzuführen, ist Anliegen dieses Buches."
 
       
   
 
       
       
 



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